Eine Hochzeit auf Jeddeloh und was sich
dabei zugetragen hat
oder
Die Magd von Wildenloh
Strackerjan II 250/251
In Wildenloh stand vor einigen Jahrhunderten ein großes Bauernhaus, wovon noch Spuren vorhanden sind. Der dazugehörige Brunnen ist vor längerer Zeit wieder aufgefunden worden. Selbst die Stelle, wo das Haus gestanden hat, zeigen noch die in der Erde verborgenen Reste einer alten Mauer.
Die Bewohner dieses Hauses waren einst auf einer Hochzeit in Jeddeloh und hatten ihre Magd allein zu Hause gelassen. Eine in der Gegend hausende Räuberbande von sieben Brüdern bekam hiervon Kenntnis und beschloss, sich die Abwesenheit des Hausherrn zunutze zu machen. Am Abend verfügten sich die sieben Brüder zu dem Hause, fanden aber alles wohl verschlossen und verriegelt. Sie beschlossen daher, an der Seite des Hauses unter der Legde ein Loch durchzuwühlen. Die wachsame Magd merkte aber die Räuber und deren Vorhaben und setzte sich, mit einem scharfen Torfspaten bewaffnet, dahin, wo die Räuber wühlten. Das Loch war endlich so groß, dass einer der Räuber den Kopf durchsteckte, um in das Haus zu gelangen. Schnell stach ihm die Magd den Kopf ab und zog den Rumpf zu sich. Als die da draußen fragten: „Bist du gut hineingekommen?" erwiderte sie mit verstellter Stimme: „Ja!"
So ging es einem nach dem andern. Als der siebente seinen Kopf hindurchsteckte, kam ihm das Blut seiner getöteten Brüder entgegen. Schnell zog er den Kopf zurück, aber noch gelang es der Magd, wenigstens ein Stück von der Platte abzustechen. Der Räuber verband seine Wunde und ging zur Hochzeit nach Jeddeloh, wo er mittanzte. In trunkenem Mute rief er:
„Hoho, de Magd van'n Wildenloh, har se den sävten man darto!" Nach Jahren kam ein feingekleideter Herr zu dem Bauern im Wildenloh und begehrte seine Magd zur Frau. Er wusste sich gehörig auszuweisen, und die Magd sagte zu. Nach einigen Tagen kam er auf einem mit zwei schönen Pferden bespannten Wagen, um die Braut abzuholen. Über das Moor fuhr er mit ihr davon, und schon mehrere Stunden dauerte die Fahrt, ohne dass sie das Ziel erreichten. Als endlich die Braut fragte, ob sie denn nicht bald zu seinem Hause kämen, legte er seinen Kopf in ihren Schoß und sagte, sie solle ihm einmal in den Haaren kraulen. Sie tat es und ward sofort gewahr, daß dies der Räuber sei, den sie verwundet, aber nicht getötet hatte. Da verstellte er sich nicht mehr und verkündete ihr, dass er sie geholt habe, um den Tod seiner sechs Brüder und seine eigene Wunde an ihr zu rächen.
Gleich darauf kamen sie zu des Räubers Hause, wo seine Mutter sie erwartete. Auf einem Feuer hatte sie einen großen Kessel voll öl, in welchem sie die Gefangene zu kochen gedachte. Der Räuber brachte die Magd in das Haus und führte sie zu einem großen Blocke, auf welchem ein Beil lag, mit dem er sie enthaupten wollte. Die Magd tat, als ob sie sich in ihr Schicksal füge, bat aber den Räuber, er möge ihr behilflich sein, ihr schönes neues Kleid auszuziehen, damit es nicht vom Blute befleckt und verdorben werde. Dem Räuber leuchtete dies ein, und er machte sich daran, das Kleid zu öffnen, Da ergriff sie schnell das Beil und traf den Räuber damit so gut, dass er tot zu Boden stürzte. Nun kam die Mutter mit einer Axt auf sie zugelaufen, aber auch sie wurde von der Magd erschlagen. Rasch sprang dann die Magd auf den Wagen und fuhr im Galopp nach dem Wildenloh zurück, Schon aus der Ferne sah sie ihren Dienstherrn vor dem Hause stehen und rief, sich aufrichtend, ihm zu:
„Hoho, de Magd van'n Wildenloh hett dar den säwten nu to!"
In dem Hause des Räubers wurden viele Schätze gefunden, welche der Magd zuteil wurden.
Verfasser; Hauptlehrer L R, Heinrich Borgmann, Westerstede, Am Melmenkamp 25
auf Grund der vom Bauern Johann Diedrich zu Jeddeloh in Jeddeloh
bereitgestellten Unterlagen.
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